Artillerieverein der Stadt Luzern - Gesellschaft zum Wasserturm

BERICHTE

Besichtigung Kernkraftwerk Leibstatt und Brauerei Kündigbräu in Rietheim

28. August 2021 Motto: «Vom Strom zum Bier» (Beides sind Kraftstationen)

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Einleitung, Vorbemerkungen: KKW oder AKW ?

Ein Kernkraftwerk (KKW), auch Atomkraftwerk (AKW), ist ein Wärmekraftwerk zur Gewinnung von Strom aus Kernenergie, durch kontrollierte Kernspaltung (Fission). Es gibt derzeit verschiedenste Reaktortypen. Doch uns interessiert der Siedewasser-Reaktor im KKW Leibstatt. 

Bei den Siedewasserreaktoren wird der Dampf im Reaktordruckbehälter erzeugt und direkt zu den Turbinen geleitet. Anders als bei den Druckwasser-Reaktoren enthält der zu den Turbinen gelangende Dampf Spuren kurzlebiger radioaktiver Stoffe. 

Der Treibstoff für den Siedewasserreaktor ist Uran, verpackt in Brennstäben. Der Kernbrennstoff Uran in der Form, wie er im Atomkraftwerk zum Einsatz kommt. Brennstäbe sind zylindrische Stäbe (Rohre), die das für den Betrieb eines Kernreaktors notwendige spaltbare Material enthalten (gesinterte Tabletten, meist mit auf etwa 4% angereichertem Urandioxid).  Aus zwei solchen Uranoxid-Tabletten lässt sich so viel Strom erzeugen, wie ein 4-Personen-Haushalt in einem Jahr verbraucht. Die Brennstäbe haben die Aufgabe, den Kernbrennstoff und seine Spaltprodukte von dem Kühlmittel des Primärkreislaufs zu trennen. Je nach Reaktortyp haben die Brennelemente unterschiedliche Formen und Zusammensetzungen. Bei Reaktoren mit flüssigem Kühlmittel, deren Brennelemente in einem gemeinsamen Reaktordruckbehälter angeordnet sind – dazu gehören die nachstehend genannten Druckwasserreaktoren, Siedewasserreaktoren, aber auch Brutreaktoren – ist das Brennelement im Querschnitt quadratisch oder sechseckig, da mit einer solchen Form die Querschnittsfläche des Reaktors lückenlos ausgefüllt werden kann. Die Lebensdauer ist abhängig von der Korrosion und dem Strahlenschaden, sodass die Einsatzzeit der Brennelemente (das in den Brennstäben befindliche Uran wird komplett in Spaltprodukte umgewandelt) in einem Reaktor auf etwa drei bis fünf Jahre begrenzt sind.

Die bei Revisionen anfallenden hochradioaktiven Abfälle (HAA) sind vor allem abgebrannte Brennstäbe. Sie strahlen stark und geben Wärme von ungefähr 300 Grad Celsius ab, was die Lagerung sehr schwierig macht. Somit werden dieselben im Zwischenlager Würenlingen (ZWILAG), in bis zu 140 Tonnen schweren Stahlbehältern auf unbestimmte Zeit (bis sich Tiefenlager realisieren lassen), in für jede Eventualität gesicherten Gebäuden zwischengelagert. Die internationale Atomenergiebehörde (International Atomic Energy Agency IAEA) in Wien, überwacht die Lagerräume der ZWILAG, von Wien aus permanent per Video.

Anfahren (Start) und Betrieb eines Siedewasserreaktors

Das vorgewärmte Speisewasser wird in den Reaktordruckbehälter gepumpt, der durch den Sicherheitsbehälter vom restlichen Aufbau isoliert ist. Im Druckbehälter befinden sich die Brennelemente, meist mit auf etwa 4 % angereichertem Urandioxid als Brennstoff. Dazwischen befinden sich die Steuerstäbe, mit einem die Neutronen stark absorbierendem Material (in unserem Fall Borcarbid), sodass sich die Ketten-Reaktion durch gezieltes ein- oder ausfahren derselben, genau steuern und kontrollieren lässt. Der Reaktordruckbehälter ist zu ungefähr zwei Dritteln mit Wasser (entkalktes Flusswasser) gefüllt. Durch die bei der Kernspaltung entstehende Wärme verdampft Wasser (Siedekühlung) bei z. B. 71 bar und 286 Grad Celsius im Reaktor-Druckbehälter; dieser Dampf treibt die Turbine an, die mit dem Generator axial verbunden ist. Der Generator wandelt die von der Turbine gelieferte Rotations-      Energie in elektrischen Strom um (Ausgangsspannung: 380 KV). Der entspannte Wasserdampf wird durch Kühlwasser im Kondensator verflüssigt und wieder dem Kreislauf zugeführt. Die Dampfmenge beträgt bei einem Siedewasserreaktor typischerweise etwa 7.000 Tonnen pro Stunde.

Zahlen und Fakten:

 In Betrieb seit 1984
 Reaktortyp Siedewasserreaktor
 Leistung 1275 MW brutto, 1220 MW netto
 Leistungserhöhungen 1998: 106%
1999: 109%
2000: 112%
2001: 114,7%
 Totale Nettoerzeugung pro Jahr ca. 9500 Gigawattstunden
Besitzer und Betreiber
des KKW Leibstadt
 Kernkraftwerk Leibstadt AG
   27,4%   Alpiq AG
22,8%   Axpo Power AG
16,3%   Axpo Trading AG
13,6%   Centralschweizerische Kraftwerke AG
14,5%   BKW Energie AG
  5,4%   AEW Energie AG

Besichtigung:

Um 09 00 Uhr begann für unsere aus17 Personen bestehende Gruppe, begrüsst und geführt von Frau Beatrice Merone, im Info-Center die Besichtigung. Eine zusätzliche Besichtigung der Aussenanlagen war infolge der Revisionsarbeiten der gesamten Anlage, nicht möglich. Die für das Jahr 2021 aussergewöhnlichen Revisionsarbeiten sind gigantisch, werden doch nebst dem eigenen Personal (500 Personen) zusätzlich ca. 1700 Personen an Fremdpersonal benötigt.

Nach der Begrüssung sowie Erklärungen zum KKW, erfolgte in der Cafeteria eine Pause, mit wahlweise offerierten Getränken.



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Modell: Aussen-Anlage ohne Hochspannungs-Schaltfelder im Aussenbereich, Mitte links das Reaktorgebäude (abgerundete Kuppel)

Mittels des folgenden Filmes: Reise zurück in die Zukunft, wurden die Begriffe Uran, Kernspaltung, kontrollierte Kettenreaktion der Kernspaltung und Radioaktivität erklärt. So auch, dass die aus Polen stammende Nobelpreisträgerin Marie Curie, Physikerin und Chemikerin, durch Beobachtungen der Strahlung von Uran-Verbindungen (1896), den Begriff radioaktiv prägte.

Des Weiteren folgten Erklärungen zur Sicherheit des radioaktiven Sicherheits- Containments, den Sicherheitsbehälter, der den nuklearen Teil der Kernanlage mit einem Stahl-Betonmantel (1,2 m) umschliesst, sodass bei einem Störfall keine radioaktiven Stoffe unkontrolliert entweichen können.

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 Abgerundeter Kuppelbau: Containment  Stahlkuppel des Reaktors

Es folgte eine Kaffeepause. Anschliessend betrachteten wir den von der NAGRA im 3D-Format präsentierten Film: Zeitreise zum Endlager der Zukunft. (Tiefenlager)

Faktisch vorgesehen wird das Endlager im Opalinuston, der höchstmöglichen Sicherheit zu allen Problemen bietet. Doch hier beginnt die Krux, im Klartext: Die teils hochradioaktiven Abfälle (HAA) aus gewünschtem Atomstrom, Nuklearmedizin und Anderem, müssen dauerhaft sicher eingelagert werden, doch Niemand will, auch nicht in seiner weiteren Umgebung, ein Tiefenlager. Quo vadis?

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Für jeden Aufenthalt im radioaktiven Bereich müssen sich alle Personen jeweils vor der Sicherheitsschleuse von der Unterwäsche bis zum Arbeits- Anzug neu einkleiden. Getragene Kleider werden entsorgt.

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Eingegossene radioaktive Abfälle, bereit für den Abtransport in das Zwischenlager, zum späteren Zeitpunkt in das Tiefen-Lager, Endlager

Inzwischen verkündeten die Uhrzeiger Mittagszeit. Der Magen knurrte nicht nur bei uns, wie Frau Marone lächelnd bemerkte, sodass sie uns freundlich verabschiedete. Wir düsten in Richtung Rietheim zur Brauerei Kündigbräu. Im Zelt überdachten Garten genossen wir Grilladen und Variationen des Biers von Kündigbräu.

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Vorbemerkung:     Bier ist mehr als ein Getränk, Bier ist Kultur!

Erste Brauer waren vor 5 Jahrtausenden die Sumerer in Mesopotamien, wo heute vor allem der Irak und Syrien liegen. Die Sumerer gingen um 3000 v. Chr. nicht nur als Entwickler der Keilschrift und Begründer der Monumentalarchitektur in die Geschichte der Menschheit ein: In Mesopotamien, am Unterlauf der Flüsse Euphrat und Tigris, wurde auch das erste Bier gebraut.

Für die Herstellung von Bier braucht es Wasser, Hopfen, Malz und Hefe.Diese vier Zutaten sind für die Herstellung von Bier grundlegend. Doch die vier Hauptbestandteile beinhalten, gemessen an einem Liter Bier, folgende Substanzen:

Wasser 920,2g / 1000g, Kohlenhydrate 28,0g, Rohprotein 5,0g, Alkohol 5,07ml / 1000 ml sowie ca. 17 weitere Elemente und Mineralstoffe.

Bier ist reich an Kalium, Magnesium, Selen und Silizium, enthält aber nur wenig Calcium, Eisen und Zink. Aufgrund des hohen Kalium-Natrium-Verhältnisses ist    Bier gut geeignet für eine natriumarme Ernährung. Da Alkohol diuretisch (harntreibend) wirkt, kann Bier einen Mineralstoffverlust begünstigen.

Heute ist das Bierbrauen schweizweit durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Für die Herstellung von Bier für den Eigenkonsum bedarf es keiner Bewilligung, jedoch sind für Privatpersonen höchstens 400 Liter je Herstellungsbetrieb und 800 Liter für Brauereien auf Vereinsbasis erlaubt. Die Auflagen zum Verkauf von Bier sind kantonal geregelt.

Besichtigung:

Gut verpflegt und interessiert folgten wir der Einladung von Senior-Chef Kündig, zur Besichtigung seiner, wie er sie nannte: Mikrobrauerei (Familienbetrieb)

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Herr Kündig erklärte uns detailliert die unumgänglichen Voraussetzungen und den Ablauf des Brauens, um ein qualitativ bestes Bier zu kreieren. Auch das «Geheimnis» des dunklen Biers durften wir erfahren… Nach vielen Fragen und interessanten Antworten verabschiedeten wir uns (einige mit Probetrunk unter dem Arm) von Herrn Kündig. Nach individuellem «Abtreten» traten wir die Heimreise an.

Für den gelungenen Tag unter dem Motto: «Vom Strom zum Bier» sowie für den reibungslosen Ablauf, besten Dank an Obmann Thomas Käppeli.

Bilder und Text: Rolf Lötscher