Artillerieverein der Stadt Luzern - Gesellschaft zum Wasserturm

BERICHTE

AVL – Vereinsausflug vom 19. August 2023

Besichtigung mit Kraftwerksführung Pumpspeicherwerk Limmern

Vorbemerkung
Alle reklamieren für sich das Recht, zu jeder Zeit in uneingeschränkter Menge elektrische Energie zu beziehen. Ein grosser Teil der Angesprochenen ist keinesfalls bereit – auch nur Ansatzweise – die sich daraus ergebenden unangenehmen Begleiterscheinungen zu tolerieren. Doch die unabdingbar – das bestehende E-Netz sowie die verfügbaren E-Ressourcen sind am Anschlag – zum Ausbau der Elektrizitätswirtschaft erforderlichen Mittel sind: Höhere Staumauern, Solarpaneelen auf Dächern und Hausfassaden (es gibt Solardachziegel und Paneelen für Hausfassaden die fast nicht vom Original zu unterscheiden sind), Windkraftanlagen und Pumpspeicherkraftwerke (Gletscherwasser geht langsam zur Neige, es muss zwingend auch Regenwasser gespeichert werden). Zu guter Letzt muss das ganze E-Netz infolge der kommenden überproportionalen Bezüge für E-Autos und elektronische Rechencentren massiv ausgebaut werden, was wiederum mit immensen Kosten verbunden ist. Schon heute ist ohne E-Management (wer kann wann und wieviel Strom beziehen) die Stromversorgung unmöglich. Von neuen AKWs zu sprechen ist absurd. Massiv mehr E-Energie brauchen wir jetzt, nicht in einigen Jahren – wenn endlich nach Planung, Bewilligungsverfahren und Einsprachen grünes Licht für neue Anlagen erteilt wird. (Der Schreibende hat Jahrzehnte im Sektor Strom gearbeitet.)

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Elektrische Stromerzeugung / Rudimentärer Überblick
Zur Stromgewinnung werden zurzeit hauptsächlich AKWs (Brennstoff Uran), Gezeitenkraftwerke (Nutzung von Ebbe und Flut), Gasturbinenkraftwerke, Kohlekraftwerke, Ölkraftwerke, Sonnenwärmekraftwerke, Solarkraftwerke, Stromerzeugungsaggregate, Windkraftanlagen, Wasserkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke betrieben.
Pumpspeicherkraftwerke pumpen hauptsächlich während der Nacht das im Tal von der Produktion anfallende Wasser – im Speicherbecken oder Speichersee somit zwischengelagert – in den höher gelegenen Stausee, damit es zu Spitzengebrauchszeiten wieder zur Verfügung steht (Kreislaufsystem). Denjenigen Politik- und Wirtschaftsvertretenden die keine Ahnung von Physik haben sei erwähnt, dass für die von ihnen geforderten sauberen Fusionsreaktoren – die mehr Energie liefern als sie zur Fusion benötigen – frühestens 2025 mit dem Start zu praktischen Forschungsarbeiten zu rechnen ist. Brauchbare Resultate werden somit um 2035 erwartet. Jedoch eine kommerzielle Nutzung, wird erst für 2060 prognostiziert.

Stromproduktion mit Wasserkraft
In Wasserkraftwerken wird die Energie des Wassers zum Antrieb von Turbinen genutzt. Turbinen sind grundsätzlich steuerbar. Je nach Einsatzgebiet und dementsprechender Durchflussmenge sowie der Gegebenheit der Fallhöhe, kommen verschiedene Turbinen zum Einsatz. Es sind dies, die drei gebräuchlichsten:

Pelton-Turbine: Leichtdruckturbine für Fallhöhen von 50 – 1500 m, gespleisst durch Druckleitungen aus dem Stausee, reguliert durch steuerbare Düsennadeln, die somit den Wasserdurfluss auf das Turbinenrad (Becherrad) regeln und damit die gewünschte Drehzahl aufrechterhalten.

Francis-Turbine: Überdruckturbine mit verstellbaren Schaufeln zum Laufrad, die den Wasserdurchfluss und somit die gewünschte Drehzahl stabilisieren. Für Fallhöhen von 50 – 700 m (Lauf- und Speicherkraftwerke)

Kaplan-Turbine: Überdruckturbine mit verstellbarem Laufrad zur Drehzahlregulierung, sieht aus wie eine Schiffsschraube. Für geringe Fallhöhen (Flusskraftwerke).


Stromerzeugung einfach erklärt
Das Stromproduktion erfolgt nach dem einfachen Prinzip des guten alten Velo-Dynamos (Leistung: 6 V / 3 W). Das Velolaufrad (betrachten wir es als Wasser) treibt das Dynamorädchen (betrachten wir es als Turbinenrad) an, das mit einer Achse zum Stromgenerator, respektive zum Rotor führt. Der Generator besteht aus einem rotierenden Magnet (Rotor) der innerhalb einer Spule aus Kupferdraht (Stator) rotiert. Durch die Rotation des Magneten wird ein ständig wechselndes Magnetfeld (Wechselstrom) erzeugt, das sich auf die Spule überträgt (induziert). Die beiden Enden der Spule werden aus dem Dynamo herausgeführt und an die Velobeleuchtung angeschlossen. Mit diesem Prinzip – das vom englischen Naturforscher Michael Faraday, der 1831 die elektromagnetische Rotation entdeckte – arbeiten die bis heute produzierten Generatoren, bis hin zu den grössten Kraftpaketen der Stromproduktion. Die grössten Turbinen der Welt (16 Turbinen-Generatoren) sind zurzeit im Südwesten Chinas, im Baihetan-Kraftwerk in Betrieb. Jede der 16 Turbinen leistet je 1 Giga-Watt (Giga bedeutet Milliarden), somit gesamthaft 16 Milliarden Watt.

Das folgende Schema zeigt den Weg des Stromes vom Kraftwerk bis zur Steckdose:



Allgemeine Angaben zum Pumpspeicherwerk Limmern (PSWL)
Das Pumpspeicherkraftwerk Limmern, integriert in der Linth-Limmern AG (im Glarner Hinterland), ist eine Tochtergesellschaft der Axpo Power (Beteiligung Axpo Power 85 %, Kanton Glarus 15 %). Das Kraftwerk der Lindt-Limmern AG wurde Ende der 1960er-Jahre in Betrieb genommen und durch ein in den 2010er-Jahren gebautes Pumpspeicherwerk ergänzt. Planungs- und Bauzeit dauerten zehn Jahre, die reine Bauzeit sieben Jahre. Für das im Felsen gebaute (Kavernenbau) PSWL wurden 2,1 Milliarden Franken investiert. Alle am Bauwerk Beteiligten bewältigten eine Mammutaufgabe. Arbeiteten doch über 3000 Arbeitende der zahlreichen Ingenieurs-, Bau-, Zuliefer- sowie Spezialfirmen im Hochgebirge, im Stollen- und Kavernenbau oder im Talbereich. Nebst den ca. 6000 Projektplänen, füllen die Qualitätssicherungs-Protokolle des Stahlwasserbaus 870 Bundesordner.

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Angaben zur Stromproduktion
Das Herzstück des PSWL sind die vier reversiblen Pumpturbinen mit einer Turbinen- und Pumpleistung von je 250 MW (1MW = 1 Million Watt), gesamthaft somit 1000 MW. Jede der vier Pumpturbinen dreht pro Minute mit einer Drehzahl von 470 bis 530 Umdrehungen, somit beträgt die Durchflussmenge im Turbinenbetrieb 47m3/s pro Turbine, im Pumpbetrieb (reversibel in den Stausee) 40m3/s pro Maschine. Die in den Statoren drehenden Rotoren bringen je 330 Tonnen auf die Waage, sie konnten darum nur zerlegt in die Maschinenkaverne transportiert werden, wo sie von der Herstellerfirma Alstom zusammengebaut wurden. Eine Pumpturbine als Einheit (einfach erklärt) arbeitet mit Wasserantrieb mittels Generators als Stromerzeuger, kann aber auch umgekehrt (reversibel) mit dem Motorgenerator als Pumpe benutzt werden. Als Pumpe geschaltet, wird das Wasser aus dem Limmernsee in den 630 Meter höher gelegenen Muttsee (Stausee) zurückgepumpt, um bei Bedarf wiederum genutzt zu werden (Kreislaufsystem). Die Gewichtsstaumauer des Muttsee mit einer Länge von 1054 Metern ist die längste Staumauer der Schweiz und dazu die höchstgelegene Europas. Bei Vollstau erreicht der Wasserspiegel die Höhe von 2474 Meter. Das Fassungsvermögen beträgt 23 000 000 m3. Der Grundablass in der Staumauer – notfalls zu öffnen bei Überflutungsgefahr der Mauerkrone, weil diese beschädigt werden könnte, oder zum entleeren des Sees – hat die Kapazität von 22,5 m3/s. Die Leistung der Kraftwerke Linth-Limmern (KLL) von 520 MW, wurde durch den Zusatzbau des PSWL markant auf 1520 MW erhöht. Vergleich: Das jüngste und leistungsstärkste Kernkraftwerk Leibstadt (KKL Jahrgang 1984) produziert brutto eine Nennleistung von 1285 MW.


Text: Rolf Lötscher, Bilder: Axpo, Th. Käppeli