Artillerieverein der Stadt Luzern - Gesellschaft zum Wasserturm

BERICHTE

Bloodhound

Besichtigung der Fliegerabwehr – Lenkwaffenstellung BL 64 auf dem Gubel, Kt. Zug, am 15. September 2018

Bloodhound BL64

Einleitung

Zu Beginn des „Kalten Krieges zwischen Ost - West“ von 1947 bis 1989, waren die Flieger-, sowie die Fliegerabwehrtruppen Materialmässig total veraltet. Unter strenger Geheimhaltung rüstete die Schweiz in den Jahren 1958 – 1972 im Sektor Luftverteidigung massiv auf. Es entstand ein „Flieger-Höhennetz“, bestehend aus Flugzeugkavernen und unterirdischen Radaranlagen mit den dazu erforderlichen Kommando-Einheiten. Die integrierten Projekte waren: Florida (Luftraum-Überwachung), Mirage (Abfangjäger), sowie Bloodhound (Flab-Lenkwaffen). 1961 sprach das Parlament den Kredit für die Beschaffung des Fliegerabwehrsystems Bloodhound. Der Kredit betrug 300 Millionen Franken. Geplant waren 9 Feuer-Einheiten mit 204 Lenkwaffen. 1963 bewilligte das Parlament weitere 80 Millionen Franken für Landerwerb und Bauten für die ortsgebundenen Lenkwaffenstellungen.

1964 begann in Emmen (Stellung LU) in der ersten Schulstellung die Ausbildung mit 4 Werfern. Die Beschaffung des Bloodhound-Systems wurde 1961 geplant und 1964 an die Armee übergeben, daher lautet die Schweizer Bezeichnung BL 64. 1968 war der Ausbau mit 5 weiteren Stellungen in Torny-le-Grand (Stellung FR), Laupersdorf (Stellung SO), Bettwil (Stellung AG), Schmiedrüti (Stellung ZH) und Menzingen (Stellung ZG) beendet und einsatzbereit. Das System Bloodhound deckte zusammen mit dem System Mirage den Luftraum über die Landesgrenzen bis auf eine Höhe von über 20 000 Metern ab. 1979 beschaffte die Schweiz aus Schweden 50 weitere Lenkwaffen. Alle Stellungen wurden permanent in hoher Bereitschaft gehalten (im Winter wurden die Triebwerke jeweils, der Witterung angepasst, alle par Stunden auf Betriebstemperatur aufgeheizt). Befanden sich keine Truppen in den Stellungen, übernahmen BAMF-Grenadiere deren Bewachung. 1972 wurde die operationelle Bereitschaft aller neuen Systemkomponenten (Florida, Mirage, BL 64) in einem einzigen Korpsmanöver überprüft. Weil die BL 64 in der Schweiz nicht im scharfen Schuss getestet werden konnte, wurden in den Jahren 1970, 71, 74, 76, 77, 78 und 86 total 17 Lenkwaffen bei Kontrollschiessen in England getestet. Dabei wurden 17 Lenkwaffen verschossen, wobei 14 Volltreffer waren. In den 1980er Jahren wurde das Bloodhound System in Schweden ausgemustert. Die Schweiz kaufte folglich von Schweden eine grosse Anzahl Lenkwaffen und konnte so ihr Arsenal erheblich vergrössern. Auch wurde das System laufend den bedingten Anforderungen (elektronische feindliche Störversuche) nachgerüstet und gegen Ende 1980 neue Computer eingebaut und mit einem neuen leistungsfähigeren Feuerleitgerät versehen. Das System erwies sich als äusserst zuverlässig und erreichte hohe Bereitschaftszeiten. Geplant war die BL 64 bis 2007 in Betrieb zu halten. Die engen Finanzen und die veränderten politischen Rahmenbedingungen führten dazu, dass im Jahr 1999 das System ausser Dienst gestellt wurde.      

 

Technische Spezifikationen BL 64

Typ:

Langstrecken-Boden-Luft-Lenkwaffe

Hersteller:

Bristol Aircraft Company

Entwicklung:

1958

Technische Daten

136 0

7,75 m

Durchmesser:

546 mm

Gefechtsgewicht:

1360 kg

Spannweite:

2830 mm

Antrieb:

4 Feststoffbooster,

2 Staustrahltriebwerke

Geschwindigkeit:

Mach 2,6

Reichweite:

160 km

Ausstattung

Zielortung:

INS+ halbaktive Radarzielsuche (SARH)

Gefechtskopf:

150 kg Continuous Rod

Zünder:

Radar-Aufschlag- und Näherungszünder

Waffenplattformen:

Ortsfeste Stellung

Besichtigung Gubel

Vor der Kaserne Allmend begrüsste Obmann Franz Erni um 13 00 unseren Präsidenten Thomas Christen, sowie die leider – nur 7 gemeldeten – Teil-nehmenden. Für den Organisator ist es frustrierend, wenn er nach umfangreichen Vorabklärungen das Desinteresse der Abwesenden zur Kenntnis nehmen muss.

Nach der Begrüssung verschoben wir via Menzingen nach Gubel, zur heute weltweit einzigen Lenkwaffenstellung des Typs Bloodhound Mark II. Nach der Begrüssung durch Herrn Zimmerli, dem Sachverständigen der MHSZ (Militärhistorische Stiftung des Kantons Zug), der als Elektronikspezialist in den Lenkwaffenstellungen Militärdienst geleistet hat, bestaunten wir Filme über Organisation und in England erfolgte Lenkwaffenstarts, Abwurf der Booster, mit Flugverfolgung bis zum erfolgreichen Zieleinschlag. Die Stellung Gubel war, wie die anderen Stellungen, nicht Permanent durch Truppen besetzt. Im Krisenfall wäre eine erste Staffel Fachpersonal innert Minuten vom Flugplatz Emmen mittels Helis vor Ort gewesen um Zünder einzubauen, Systeme hoch zu fahren, und Bereitschaft zu erstellen. Die Stromversorgung erfolgte durch Netzeinspeisung, im Krisenfall oder bei Übungen durch eigene Generatoren, somit war die Stellung autark. 

Bloodhound 2 Bloodhound 3

Generatorenraum, Abluftfilter fehlen 

Schalterraum für Generatoren

Radarpanzerturm (Beleuchtungsradar) für zentrale Führung EZ – LUV der Feind meldet, mit Verbindung nach aussen an Alle, sowie dezentrale Führung der Stellung. Die Radaranlage war geschützt gegen feindliche Ablenkstrahlungen. Bei Ausfall, Volltreffer am Radar, wäre die Anlage durch Notradar ersetzt worden.Bloodhound 4

Die Einsatzstelle ist das Rechenzentrum der Feuereinheit. Von hier aus erfolgten  Koordination und Überwachung aller technischen Abläufe vor dem Abschuss einer Lenkwaffe, bis hin zum Treffer im Ziel. Die Kommandosprache war, um Übermittlungsfehler in Wort  und Schrift auszuschliessen, deutsch.

Konsolenraum Bloodhound

Konsolenraum… 

mit Relais- und Röhrentechnik

Lenkwaffenmagazin  Jedes Magazin enthielt eine Lenkwaffe

Lenkwaffenmagazin

Klimatisiertes und Atombombensicheres Magazin. Auf dem Gubel befanden sich 96 Lenkwaffen sowie 2 Werfergruppen mit je 4 Werfern.

BL 64  Querschnitt

Werfereinheit

So präsentiert sich die Werfereinheit des BL 64 Museums auf dem Gubel den Besuchern. Die weisse BL 64 ist ein Ausstellungsobjekt aus Schweden

Um 16 30 Uhr endete ein sehr interessanter Ausflug in die Lenkwaffentechnik der Vergangenheit. Im Anschluss, bei einem Zobig auf dem Hof Fürschschwand wurden, wie könnte es anders sein, etliche Erinnerungen ausgetauscht.

Franz Erni, recht herzlichen Dank für deine immer wieder sehr erlebnisreichen Exkursionen.

Rolf Lötscher

Text und Bild